Eine Langzeit-Overlandtour sollte gut vorbereitet und durchorganisiert sein, da hier abweichend zu normalen Urlaub-Trips doch einige Besonderheiten zu beachten sind. Inzwischen gibt es neben den altbekannten analogen Informationsmöglichkeiten (Reiseführer, Landkarten, Atlanten u. ä.) eine schier grenzenlose Auswahl topaktueller Reiseberichte im Internet (Blogs, Youtube usw. usw.).
Ich werde an dieser Stelle nur aufführen, was aus meiner Sicht als Grundgerüst für eine derartige Langzeitreise unbedingt notwendig ist.
Routenplanung
Meine Vorgehensweise: Punktuelles Markieren der Kernziele, danach Feinplanung der Route in Verbindung mit Reiseführer- und Internet-Recherche. Steht die Fahrtroute, sollte man zumindest einen groben Zeitplan erstellen. Ein Überwintern mit Reisemobil in Alaska ist sicher nicht so angenehm, wie in Mexiko auf der Baja California.
Meine Routenplanung:
An den Fotos sieht man, daß wir trotz des vorhandenen digitalen Equipments auch noch Routenpläne ausdrucken. Dies hat den Vorteil, daß man schnell mal Notizen einfügen kann oder auch die Fahrtstrecke mit Textmarker nochmal überarbeiten kann.
Ansonsten verwenden wir für die Navigation folgende App’s, die in der Regel für IOS und Android verfügbar ist:
- Google Maps, Maps.me, Pocket Earth (Navigation)
- iOverlander, Allstays Camp & RV, Public Lands (für Wildcampen, amerikanisch „Boondocking“)
- KOA, PassportAmerica (für Campgrounds)
PassportAmerika: Campgrounds, die hier gelistet sind, geben 50 % Rabatt auf die Stellplatzgebühr. Voraussetzung ist, dass man für $ 44 Jahresgebühr Mitglied wird. Das rechnet sich schon bei der 2. oder 3. Übernachtung. Der Pass ist online problemlos erhältlich. Ich hatte ihn schon 4 Tage nach der Bestellung zuhause vorliegen.
Nationalpark-Jahrespässe:
Sowohl Kanada als auch die USA bieten Jahrespässe für ihre Nationalparks an.
- Kanada: „Parks Canada Discovery Pass“, ca. 40 € p. P. www.parkscanada.gc.ca
- USA: „America the beautiful-Pass“, ca. 50 € p. P www.usparkpass.com
Schon wenn man nur die „Big five“ im Südwesten Grand Canyon, Yosemite, Zion, Arches und Bryce Canyon NP besuchen will, hat man viel Eintritt gespart, zumal sich in USA der Pass auf das Fahrzeug bezieht und bis zu 4 Erwachsene beinhaltet.
Verschiffung des Fahrzeugs:
Dazu findet man im Netz die abenteuerlichsten Varianten. Man kann Monate damit verbringen, den günstigsten Spediteur zu finden, alles allein zu organisieren – oder – und das trifft wohl auf die meisten Nordamerika-Overlander zu, man bedient sich wie wir des hervorragenden Services der Düsseldorfer Firma „Seabridge for Motorhomes“, die sich seit 1997 auf die Verschiffung von Reisemobilen auf alle Kontinente spezialisiert hat. Hier die Internet-Adressen:
www.seabridge-tours.de oder www.sea-bridge.de
Email: seabridge@t-online.de
Ca. 3 Monate vor dem geplanten Start kann das Schiff gebucht werden. Die Frachtgebühr wird über den genutzten Raum, also Kubikmeter ermittelt.
Formel: Länge x Breite x Höhe x 48,50 € (Stand April 2019)
Dazu kommt ein Treibstoffzuschlag von aktuell 13 %, ein Zuschlag für schwefelarmen Diesel von 7 %, Speditions- und Hafengebühren in Hamburg und Halifax. Wir haben über alles für den Transport im Mai 2019 insgesamt 3.400 € für die Strecke Hamburg – Halifax zu zahlen (7 Meter – WoMo, 2,30 m breit, 2,90 m hoch).
Versicherungen
- Seetransportversicherung: Hier gibt es auch die unglaublichsten Preisunterschiede. Die teuerste Versicherung verlangte für unser Wohnmobil bei einem Zeitwert von 70.000 € für eine Strecke 960 € !!! Hier war das Fahrzeug nur während der Standzeit auf dem Schiff versichert. Die Ein- und Ausfahrt, bei der ja die größten Risiken vorhanden sind, war unversichert. Nach langer Recherche wurde mir über die ERGO direkt ein Hamburger Versicherungsmakler vermittelt, bei dem das WoMo bereits nach Erstellung des sog. „Car-Condition-Berichtes“ im Hafenversichert ist. Auch die Verladung ist versichert sowie die Zeit bis zur Übernahme in Halifax. Das ganze für 420 € für beide Strecken zusammen !!!
- Autohaftpflicht und Kasko in Nordamerika: Zum jetzigen Zeitpunkt April 2019 gibt es nur einen einzigen Versicherer in den USA, der europäische Fahrzeuge versichert: Thum Insurance Agency L.L.C. in Michigan. Ansprechpartner ist Mrs. Sue Blood, email: sue@thuminsurance.com. Die Versicherung arbeitet seit Jahren auch mit der Firma Seabridge zusammen. Die Prämie für ein Jahr bei einem Zeitwert von 70.000 € liegt bei 3.200 €. Das ist ziemlich teuer, aber es gibt derzeit keine andere Möglichkeit. Wenn man die heimische Versicherung für den Vollkaskoanteil ruhen lässt, kompensiert zumindest das etwas diesen Betrag. Die deutsche Haftpflichtversicherung muß durchlaufen, da das WoMo ja angemeldet bleibt.
- Auslandskrankenversicherung: Hier gibt’s auch enorme Unterschiede. Letztlich ist die HUK24 die günstigste bei Langzeitversicherungen. Alle anderen sind mehr oder weniger deutlich teurer.
Einreiseformalitäten
Kanada:
Einreise für 6 Monate ohne Visum, elektronische Anmeldung (eTA) über Internet erforderlich.
USA:
Das Nicht-Einwanderungsvisum B 2 für Touristen berechtigt zum 6-monatigen Aufenthalt in den Staaten. Die Beantragung ist äußerst umständlich. Anmeldung über das Internet, genaueste Vorgabe, wie das digitale Passbild aussehen muß (entspricht nicht dem im deutschen Reisepass). Bei erfolgreicher Anmeldung bekommt man einen Interview-Termin in der zuständigen US-Botschaft (Berlin, München, Frankfurt). Man muß dort seine Fingerabdrücke abgeben und das Interview über sich ergehen lassen. Das besteht eigentlich nur aus der Frage: Businiss or Vacation? Dann gibts den Stempel – und tschüss! Ach ja, und 144 € p. P. kostet der Spaß, ist aber auch für 10 Jahre gültig.
Wir haben darauf verzichtet und werden bei der Einreise von Kanada in die USA versuchen, mehr als die 3 Monate Aufenthaltsgenehmigung ohne Visum zu bekommen. Von anderen Overlandern, die derzeit dort unterwegs sind, hörten wir, dass das kein Problem sei. Alles nur eine Frage der Argumentation und des Auftretens. Da wir über Land einreisen, entfällt auch die ESTA-Internetanmeldung für die USA.
Flüge:
Die Flüge haben wir online gebucht. Die Fluggesellschaft Condor fliegt regelmäßig von Frankfurt nach Halifax, ab 01. Juni des Jahres nonstop in 7,5 Stunden.
Fahrzeugvorbereitungen:
- Allgemein: Grundsätzlich sollte das Fahrzeug schon fit sein für die gesamte geplante Strecke. Die heutigen kleinen Nutzfahrzeuge (Sprinter, Crafter, Ducato, Transit etc.) haben schon sehr große Inspektionsintervalle. Wir lassen kurz vor der Verschiffung die große Inspektion durchführen. In Abstimmung mit der Mercedes-Vertragswerkstatt werden dann noch ein paar Verschleißteile (z. B. Bremsbeläge) vorsorglich getauscht, da die geplante Tour über 40.000 KM gehen soll. Der Sprinter ist in USA und Kanada mittlerweile weit verbreitet. Einzige Besonderheit ist, dass bei Wartung und evtl. Reparaturen nicht die PKW-Werkstätten zuständig sind, sondern die Freightliner-Niederlassungen.
- Reifen: Wir sind mit allen bisherigen Reisemobilen in ganz Europa einige tausend Kilometer teilweise auch harter Schotterpisten gefahren. In Nord-Schweden und Nord-Norwegen sind diese Gravelroads z. T. besser als die schlaglochübersäten Asphaltstrecken. Sie werden nach dem langen Winter mit Spezialmaschinen wieder aufbereitet und sind dann glatt wie eine Autobahn. Bisher hatten wir immer Campertaugliche normale 4-Season-Reifen von Continental auf den Felgen und nie eine Reifenpanne. In Alaska und den Yukon-Teritorries sind nach der Routenplanung aber teilweise 700 KM Gravelroad am Stück zu fahren. In zahlreichen Reiseberichten von Overlandern wird immer wieder der All Terrain Reifen von BF Goodrich gelobt. Auch unser sehr kompetenter Reifenhändler im Ort hat auf meine Nachfrage diesen Reifen empfohlen. Die neue Ausführung KO 2 hat besonders verstärkte Flanken, ist ein 4-Season-Reifen und hat das Schneeflockensymbol, ist also auch als Winterreifen zugelassen.
Durch die Profilierung ist auch die Offroad-Tauglichkeit hervorragend. Und, man glaubt es kaum, das Laufgeräusch ist nicht lauter, als bei den vorher verwendeten Conti’s.
Fazit nach rd. 40.000 KM mit sicher 25 % Offroad-Anteil: Der Reifen hat sich bestens bewährt. Etwas anderes kommt nicht mehr auf die Felgen von Sprintie 2.
- Fahrwerksoptimierung: Bei Offroad-Pisten ist ein langer Hecküberhang nicht so prickelnd. Unser ML-T wurde um 5 cm höher gelegt und hat eine 2-Kanal-Luftfederung an der Hinterachse, die das Fahrzeug nochmals anhebt. Die Bodenfreiheit ist damit deutlich verbessert worden. In Verbindung mit den BF Goodrich AT-Reifen (plus 2 cm) haben wir die geplanten Strecken ohne Probleme bewältigt.
- Beleuchtung: Bei unserem Sprinter sind schon Xenon-Scheinwerfer vorhanden. Die Nachrüstung einer LED-Lightbar hat das schon gute Licht aber nochmals um mehrere Level verbessert.
Es handelt sich hier um die HELLA-LED-Lightbar 470 Single Twin, einen für den mittigen Anbau zugelassenen Doppelzusatzscheinwerfer (ECE-Regelung 48). Die Lichtausbeute ist einfach enorm.
- Solaranlage und Elektrik: Bisher kamen wir ohne aus, aber da wir für die Nordamerika-Tour sehr viele freie Übernachtungen geplant hatten, ist eine Solaranlage nachgerüstet worden. Damit wurde der Strombedarf ausreichend gedeckt. Erste Tests ergaben, dass bei voller Sonneneinstrahlung in 30 Minuten rd. 30 Ah nachgeladen wurden. Unterstützt wird das ganze von einem Ladebooster. Nach unserer Rückkehr haben wir dann noch in eine 200 Ah-BullTron-LiFePO4 Lithium-Batterie investiert. Die drei vorher genutzten AGM-Batterien mit einer Gesamtleistung von 285 Ah (davon 50 % nur nutzbar) wogen zusammen 78 kg. Die Bulltron wiegt lediglich 18 kg: Ersparnis 60 kg. Nutzbar fast 100 %. Erfreulicher Nebeneffekt: bei höherer Belastung durch den Wechselrichter brachen die AGM-Batterien öfter zusammen und die Stromhauptschalter ging auf Störung. Das ist jetzt vorbei. Die Bulltron-Batterie hält die Leistung auch bei Dauerbelastung mit 1.800 Watt Stromentnahme.
- Gas-Versorgung:Grundsätzlich kann man die deutschen Gasflaschen mitnehmen. Die müssen für den Seetransport absolut leer sein. Zudem besteht die Möglichkeit, dass vor der Rückverschiffung nach Deutschland die Gasflaschen gespült werden müssen (teure Prozedur!). Wir haben uns dafür entschieden, in Kanada amerikanische Gasflaschen zu kaufen. (Aktuelles Frühlingsangebot bei Walmart CAN$ 39 = 25 € ohne Füllung). Man benötigt für den Anschluß an das deutsche System einen Adapter. Der wird von Seabridge für 28 €/St. angeboten.
- Stromversorgung: In Nordamerika ist die Stromversorgung mit 110 Volt und 60 Hz leider nicht kompatibel zu unseren Elektroanlagen. Also wird auch hier eine eine Adaption in Form eines Transformators erforderlich, wenn man auf einem Campground den Landstrom anschließen will. Auch hier vermittelt Seabridge den notwendigen Trafo, der zwischen Reisemobil und Landstromanbindung gesetzt wird. Ein 10-Meter-Kabel ist vormontiert. Fazit: Hat immer zuverlässig funktioniert. Lediglich in Mexiko, wo es gelegentlich zu Überspannungen kam, machte er dabei deutliche Geräusche (rattern), in USA war das dann wieder vorbei.
- Wasserversorgung: Aus zahlreichen früheren Reisen mit Miet-Reisemobilen wissen wir, dass das Frischwasser insbesondere in stadtnahen Gegenden sehr stark gechlort ist. Seit kurzem gibt es ein hervorragendes und dazu noch preisgünstiges Filtersystem, das bei der Wasserbetankung einfach zwischen Schlauch und Einfüllstutzen gesetzt wird. Hersteller des „Mobile Edition-Filter“ ist die Firma WM aquatec ( www.wm-aquatec.de ). Kosten mit einem Filter: ca. 39 €. Fazit nach 2 Jahren: Immer sauberes Wasser im Tank, selbst auf Campingplätzen, auf denen es nur Brunnenwasser, wurde alles gut ausgefiltert. Den Filtereinsatz sollte man aber alle 6 Wochen tauschen.
Im Übrigen haben wir für Kaffee / Tee usw. die in allen Supermärkten erhältlichen und auch preisgünstigen Wasserkanister erworben.